Voß Aktuell

Woyzeck mal anders – Aufführung an der Voß-Schule


„Ich bin die Geschichte. Ich erzähle nicht, ich werde erzählt.“
Nach einem zunächst persönlichen und dann recht philosophischen Einstieg begann am
Dienstag, den 07. März, für die Schülerinnen und Schüler der Voß- und Weberschule, welche
sich auch im Unterricht mit Georg Büchners Dramenfragment beschäftigt haben, eine
Aufführung von „Woyzeck“ durch Raimund Groß.
Der Schauspieler und Landwirt, der 1987 die Schauspielschule in Köln besuchte und unter
anderem auch in der Schweiz und Wien wirkte, kündigte sich bereits vor Beginn des
eigentlichen Auftritts mit Gitarrenklängen in der Schule an; dieses musikalische Element
hätten wohl die wenigsten als Teil einer „Woyzeck“-Inszenierung erwartet. Groß selbst
berichtet auf Nachfrage, dass eine Erinnerung an Jimi Hendrix ihn dazu inspiriert hätte, die
Musik als eine Komponente des Stückes zu wählen, die zwar dazugehört, man sie aber nicht
so richtig in die Vorstellung einordnen kann.
Doch so unerwartet dies vielleicht war, bei „Woyzeck“ gibt es kein „richtig oder falsch“, auch
nicht für die Form der Darstellung. Der Darsteller selbst betonte vor Beginn des Stückes: „Es
ist ein Fragment. Jeder, der behauptet die vollständige oder richtige Fassung zu haben, der
lügt“. Georg Büchner starb jung, bevor er sein Werk fertigstellen konnte, er erlebte die
Wichtigkeit seines Schaffens also selbst nicht mehr.
Raimund Groß jedenfalls erzählt in der Fragerunde am Schluss, dass er eine Aktualität in der
Figur des Woyzecks sieht. „Ich glaube, wir steuern wieder auf diese Kreatur aus der unteren
Gesellschaftsschicht zu, die versucht sich mit drei Jobs über Wasser zu halten. Es gibt viele
Menschen in unserer aktuellen Gesellschaft, die versuchen von drei Jobs zu leben“.
Zehn Monate Vorbereitung stecken in dem Endergebnis, unter anderem fünfmaliges Lesen
des Originals von Büchner. Dabei hat er sich mit ähnlichen Fragen beschäftigt, die auch im
Unterricht gestellt werden. Ist Woyzeck Opfer oder Täter? Ist er schizophren? Für Groß
nicht. Für ihn ist Woyzeck ein Mensch mit einer anderen Wahrnehmung; jemand, der etwas
„Ureinwohnermäßiges“ habe.
Dadurch, dass er das Stück allein darstellt, muss er sich in jede einzelne Figur hineindenken.
So entwickelte er nicht nur eine Vorstellung von Woyzeck, sondern auch der anderen
Figuren. Er sieht die Arroganz des Doktors auch in der heutigen Wissenschaft und ein
hingezogen fühlen – oder Neid – des Hauptmanns in Bezug auf Woyzeck. Außerdem steckt für
ihn auch eine große Wertschätzung der Natur in der Art, wie Woyzeck über sie spricht, von
der wir uns heute eine Scheibe abschneiden könnten.
Doch nicht nur zu den Figuren, sondern auch zu Büchner erkennt Groß für sich persönlich
einige Parallelen. Abgesehen davon, dass sie beide aus Hessen stammen, sieht auch er
„Deutsch“ für sich als Werkzeug, nur eben als Schauspieler statt Schriftsteller. Außerdem hat
auch er den Wunsch selbst denken zu können, allgemein und in seiner Arbeit.
Der Wunsch erfüllt sich in einer so freien und andersartigen Darstellung; diese hat aber
natürlich auch ihre Grenzen. Dadurch waren einige im Original vorhandene Szenen nicht
darstellbar für ihn und er musste die Handlung auf den Kern reduzieren. Doch am Ende hat
es etwas Besonderes, denn so ist er selbst die Geschichte.

E-Learning

In unserer Schule findet der Unterricht zwar meistens gemeinsam in Präsenz statt, jedoch arbeiten wir ergänzend auch digital. Hierfür nutzen wir IServ als Lernplattform.

Jede Schülerin und jeder Schüler erhält hierfür bei der „Einschulung“ Zugangsdaten.

Sollte das Passwort einmal in Vergessenheit geraten, hilft unser Administrator Herr Dr. Behnke (danilo.behnke@schule.landsh.de) weiter.