Voß Aktuell

„Tragt ihre Geschichte in die Welt hinaus“ – ein Erfahrungsbericht

Für die 20 Schüler/-innen, die Lehrkräfte Katharina Pörksen und Lehrer Stephan Kober sowie die zwei Vertreterinnen des „Vereins der Freunde und Förderer“ der Johann-Heinrich-Voß-Schule war dieses ein besonderes Pfingstwochenende. Es stand eine intensive Gedenkstättenfahrt zum Konzentrationslager Auschwitz an.
Erstmals traf sich die Gruppe vorbereitend am 27. Januar 2023, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Die Geschichtslehrkräfte Katharina Pörksen, Stephan Kober und Dr. Jan Ole Wiechmann führten die Schüler/-innen in insgesamt drei Vortreffen mithilfe von Filmen, Zeitungsartikeln und umfangreichen Gesprächen in das Thema Auschwitz ein. Somit konnten nicht nur der Einstieg erleichtert und die nötige Vorbereitung für die Fahrt gewährleistet werden, sondern auch viele Sorgen und Bedenken von Seiten der Schüler/-innen besprochen und begleitet werden. Mit dem Lesen des Bestsellers „Noah – von einem, der überlebte“ von Takis Würger und dessen inhaltlicher Aufarbeitung lernten die Schüler/-innen zudem eines von vielen Einzelschicksalen kennen und konnten die Zeit im Konzentrationslager sowie das Leben danach besonders vertiefend nachverfolgen.
Am Donnerstag, den 25. Mai 2023 brachen wir um 21.30 Uhr in Eutin auf, um am Morgen das Ziel, die Internationale Jugendbegegnungsstätte (IJBS) in Oświęcim zu erreichen. Nachmittags fand der erste Besuch des Konzentrationslagers Ausschwitz l. (Stammlager) statt. Beginnend beim wohl bekanntesten Tor mit der zynischen Aufschrift „ARBEIT MACHT FREI“ wurden wir zu den Häftlingsblöcken des Lagers, der Todeswand und der einzig erhalten gebliebenen Gaskammer sowie einem Krematorium geführt. Nachbereitend wurde oft erwähnt, dass vor allem der Anblick der Vitrinen voller Haare, Schuhe, Brillen und Koffer der Ermordeten einer der einprägsamsten und erschreckendsten Teile der Führung gewesen war. Durch ihr professionelles Auftreten und Erzählen aber machte unser Guide das Lernen über die grausamen historischen Geschehnisse dieses unmenschlichen Ortes etwas erträglicher.
Nach den bedrückenden Bildern in Auschwitz boten unsere Lehrkräfte einen abendlichen Ausflug in die Innenstadt als Tagesausklang an. Hier konnte die Gruppe beobachten, wie sich die Stadt seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hat und aufgeblüht ist. Die gepflegten Straßen sind geprägt von Kultur, gefüllt von einem regen Treiben aus Menschen und Lebensfreude – ein starker Kontrast zu den Sichtungen des Nachmittags.
Am nächsten Tag stand der Besuch des Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau an, das größte Vernichtungslager zur NS-Zeit. Es liegt drei Kilometer vom Stammlager entfernt. Mit Eva, derselben Reisebegleiterin wie am Tag davor bestiegen wir zuerst den Wachturm, der einen erschreckenden Blick über die Dimensionen des Lagers bot. Birkenau ist 175 Hektar groß, das Stammlager 20 Hektar. Nicht nur die Fläche, sondern auch die Anzahl der Ermordeten erreicht unvorstellbare Dimensionen: 1,5 Millionen Menschen haben im Konzentrations- und Vernichtungslagerkomplex Auschwitz ihr Leben verloren. Anschließend zeigte die Reiseführerin die Quarantänelager, die Rampe, die Krematorien und das Effektenlager „Kanada“, in welchem die zuvor geraubten Wertgegenstände der Häftlinge sortiert und weiterverarbeitet wurden. Der Weg zu den Ruinen von „Kanada“ führte, vorbei am Denkmal für die Opfer Birkenaus und anderen Ruinen von Krematorien und Gaskammern, durch ein Stück Wald sowie zahlreiche Wiesen, übersät mit einer Vielfalt an Blumen. Die Idylle der blühenden Natur an allen Seiten stand in einem verwirrenden Gegensatz zu den abgelegenen Ruinen und erlaubte, sich nur für einen Moment gedanklich von den Schrecken vor und hinter ihr zu lösen.
Erschreckend war aber – außer der Geschichte selbst – vor allem der Umgang mit dieser: andere Besucher, welche fröhliche Fotos vor der Aufschrift „ARBEIT MACHT FREI“ machten, oder die Wände in den Kinderbaracken, gefüllt von „Autogrammen“ und sogar Instagram-Benutzernamen waren ein alarmierender Anblick. Das Vergessen von Geschichte und der falsche Umgang mit dieser bilden eine große Gefahr für die heutige Gesellschaft. „Wer die Geschichte nicht erinnert, ist verurteilt, sie neu zu durchleben“ – so steht es am Eingang des Blocks 4 im Stammlager Auschwitz.
Auch die Reiseführerin gab zum Schluss der Führung der Gruppe diesen Wunsch mit: „Tragt ihre Geschichte in die Welt hinaus.“
Am Abend luden Katharina Pörksen und Stephan Kober zu einem gemeinsamen Erfahrungsaustausch ein. Jeder durfte seine Eindrücke teilen und berichten, was als besonders einprägsam, erschreckend oder beeindruckend empfunden wurde. Auch die Frage, wie es überhaupt zur Massenvernichtung kommen konnte, wurde unter anderem ausgiebig reflektiert. Schließlich kehrten wir zur abschließenden Bitte unserer Reiseführerin zurück. Wie kann man die nachfolgenden Generationen für die Geschichte und das Erbe des Nationalsozialismus sensibilisieren? Eine Idee war, den Besuch ins Konzentrationslager einmal während der Schullaufbahn für alle Schüler/-innen verpflichtend zu machen. Das Lesen von passender Lektüre, wie wir es mit „Noah“ gemacht haben, war ein anderer Vorschlag. Und doch handelt es sich hierbei lediglich um Ideen und Vorschläge, denn wer kann überhaupt selbstsicher die eine „richtige“ Vorgehensweise beim Umgang mit solch schwieriger und empfindlicher Geschichte benennen? Wir selbst können nur versuchen, es so gut wie möglich zu machen und vor allem: uns immer zu erinnern.
Am dritten Tag fuhren wir mit dem Bus in das circa 70 Kilometer entfernte Krakau. Vormittags erhielten wir eine Stadtführung in der historischen Altstadt. Die Führung erstreckte sich vom Florianstor über den Marktplatz, der Krakauer Universität bis hin zum Kalkfelsen im Zentrum Krakaus, der Wawel. Der Nachmittag stand zur freien Verfügung und wurde vielfältig genutzt: Die Reiseteilnehmerinnen und -teilnehmer verkosteten Krakauer Wurst und besuchten historische Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel die Krakauer Tuchhallen oder das Jüdische Viertel.
Am Pfingstmontag, den 29. Mai 2023, begaben wir uns schließlich am Morgen auf die Rückreise nach Eutin.
Zum Schluss gilt ein besonderer Dank dem „Verein der Freunde und Förderer“ der Voß-Schule, der diese Reise angeregt und durch eine großzügige finanzielle Unterstützung ermöglicht hat.
Im kommenden Jahr wird die Schule erneut eine Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz anbieten.

E-Learning

In unserer Schule findet der Unterricht zwar meistens gemeinsam in Präsenz statt, jedoch arbeiten wir ergänzend auch digital. Hierfür nutzen wir IServ als Lernplattform.

Jede Schülerin und jeder Schüler erhält hierfür bei der „Einschulung“ Zugangsdaten.

Sollte das Passwort einmal in Vergessenheit geraten, hilft unser Administrator Herr Dr. Behnke (danilo.behnke@schule.landsh.de) weiter.